Die Tür des unscheinbaren Ladens explodiert in einem Schauer von Holzsplittern. Meine Kollegen würden so eine Darbietung vermutlich als ein wenig zu dramatisch erachten. Hochrangige Magier haben es immerhin selten n?tig, sich Aufmerksamkeit durch die Zerst?rung von Eigentum zu verschaffen. Allerdings setzt das Wirken eines Zaubers den unmissverst?ndlichen Grundton meines Besuches: “Verzeihen sie die St?rung, aber ich habe ein wirklich dringendes Gespr?ch mit Herrn Kossak zu führen.” Die anwesenden Kunden nehmen unverzüglich die Beine in die Hand.
“Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie ein neues Produkt namens Schwarzer Schmetterling vertreiben. Entspricht das der Wahrheit?”, frage ich in einem ruhigen Tonfall. Mein Auftreten hat Herrn Kossak sichtlich erschreckt. Allerdings scheint der Mann noch nicht so ganz den Ernst der Lage begriffen zu haben: “I-In der Tat Herr Pilkowski. Bisher hat jeder meiner Kunden das Produkt als sehr entspannend empfunden. Der Hersteller hat mir versichert, dass alle Inhaltsstoffe einhundertprozentig legal sind. Gleichzeitig ist die Einnahme mit praktisch keinen Nebenwirkungen verbunden. Zus?tzlich sind-” “Herr Kossack!", fahre ich ihn an. “Ihre Naivit?t hat sehr wahrscheinlich das Leben dutzender Leute gekostet! In wenigen Minuten wird das Ermittlungsteam des Barons hier eintreffen. Man k?nnte sie m?glicherweise bereits schon morgen ?ffentlich hinrichten.” Der H?ndler wird schlagartig bleich wie ein Geist. “Alleine ihretwillen sollten sie also unverzüglich jeden Tropfen dieses Gebr?us zusammensuchen und anschlie?end vollumf?nglich mit den Beh?rden kooperieren. Andernfalls sieht ihre Zukunft nicht besonders rosig aus.”
Zehn Minuten sp?ter trifft Carlos mit seinem Gefolge ein. Im Gegensatz zu unserem letzten Treffen ist der Vertreter des Barons bereits nach wenigen S?tzen sehr interessiert an meinen Entdeckungen. Auch Herr Kossak zeigt sich ?u?erst gespr?chsbereit. Dank ihm gelingt es den Wachen, in den n?chsten Stunden vier weitere H?ndler aufzuspüren, welche die neue Droge ebenfalls in ihrem Sortiment haben. Für die offiziellen Stellen stehen nun erst einmal ein paar Verh?re, sowie etliche Hausbesuche bei den K?ufern an. Ich selbst bringe in der Zwischenzeit eine Probe der Mixtur zu einem Experten und lasse sie analysieren.
Zwei Tage sp?ter best?tigt mir der Rang 3 Alchemist schlie?lich meine Theorie. W?hrend verschiedene andere Substanzen für einen euphorischen Rausch verantwortlich sind, erdet der Anteil an Schmetterlingsstaub des Teufelsfalters den Konsumenten gewisserma?en. Somit kann der Hersteller die Wirkung von harten Drogen erreichen, ohne sich gleichzeitig Gedanken über physische oder psychische Sch?den seiner Kunden w?hrend des Rausches machen zu müssen. Was jedoch mit den Konsumenten sieben Tage nach der Einnahme passiert, scheint den Produzenten entweder nicht zu interessieren, es ihm egal, oder er nimmt es billigend in Kauf. Alle drei Optionen rücken den immer noch unbekannten Strippenzieher in ein verdammt schlechtes Licht.
Was ich ebenfalls noch nicht verstehe ist, wie Person X überhaupt an so eine Menge von Schmetterlingsstaub der Tiere kommt. Teufelsfalter sind nicht heimisch in Usenia. Ihre Nahrungsgrundlage ist der Nektar des Nachthimmelklees, welcher ausschlie?lich in Elementarfeldern der Finsternis w?chst. Solche Felder lassen sich auch künstlich erzeugen. Der Prozess an sich ist tats?chlich recht simpel. Selbst ein Rang 2 k?nnte so etwas theoretisch bewerkstelligen. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, das Feld am Laufen zu halten. Ein kleiner Fehler kann bei so einer komplexen Angelegenheit bereits ausreichen und man verwandelt sich und seine unmittelbare Umgebung in ein H?ufchen Asche. Alleine die Kosten für so ein Unterfangen sind enorm. Je gr??er das elementare Feld, desto teurer und instabiler wird das Ganze. Für eine handvoll Teufelsfalter wird man mindestens die Gr??e eines durchschnittlichen Wohnzimmers bereitstellen müssen. Selbst wenn jeder zweite Bürger von Turbingen diese Droge gekauft h?tte, würde der Erl?s nicht mal ansatzweise die Kosten decken. Wieso man sich also so viel Arbeit für so wenig Ertrag macht, erschlie?t sich mir noch nicht.
Teufelsfalter z?hlen zu den wenigen friedlichen Kreaturen, welche die unnatürliche Dunkelheit ihr Zuhause nennen. Wenn man also mit den M?glichkeiten von Elementarfeldern der Finsternis experimentieren m?chte, sind sie keine schlechte Wahl. Trotzdem sind die Tiere alles andere als wehrlos. Ihre Flügel sind mit einer Glitterschicht überzogen. Sollte man damit in Berührung kommen hat man schlechte Karten. Der Schmetterlingsstaub dringt in die Haut ein, verteilt sich rasch im K?rper und absorbiert dunkles Mana aus der Umgebung. Ohne eine vierstellige Anzahl an Punkten in Wahrnehmung oder spezifischen Fertigkeiten gegen solch ein Ph?nomen bekommt man davon erst etwas mit, wenn es bereits zu sp?t ist.
Die gebündelte Energie findet sich schlie?lich nach sieben Tagen im Oberk?rper des Lebewesens zusammen und gibt diese im Bruchteil eines Wimpernschlags frei. Die dunkle Strahlung würde selbst die Innereien eines Rang 4 Frontk?mpfers mühelos in Stücke rei?en. Zurück bleiben nur noch einzelne, sichtbare Markierungen, welche die entweichende Strahlung in die Haut gebrannt hat. So gesehen ist es “glücklicherweise” ein schneller, schmerzloser Tod. Ein bestenfalls schwacher Trost für alle Hinterbliebenen. Das die Muster nun so deutlich und strukturiert auftreten, ist vermutlich ein ungewollter Nebeneffekt der Droge. Den Angeh?rigen muss es das Herz brechen, wenn sie ihre geliebten Menschen pl?tzlich so entstellt vorfinden. Solch ein Wahnsinn darf nicht ungestraft bleiben.
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An die Aussagen der beschuldigten H?ndler zu kommen erweist sich mithilfe von Teleportation als Kinderspiel. Alle fünf Personen geben an, dass eines Tages ein gewisser Herr K?hler auf sie zugekommen sei. Offenbar ist der Mann ebenfalls H?ndler und man hat in der Vergangenheit gute Gesch?fte miteinander gemacht. Dieser hat ihnen dann von der Goldgrube erz?hlt, die der Schwarze Schmetterling seiner Meinung nach ist. Da H?ndler schlecht Nein zu Profiten sagen k?nnen, bedurfte es vermutlich keiner gro?en überzeugungsarbeit. Ein paar Wochen sp?ter wurde die Ware in handlichen, unauff?lligen Kisten geliefert und eifrig unter die Leute gebracht. Den Angaben der H?ndler zufolge lebt Herr K?hler in Torfbergen. Wenn ich es wirklich darauf anlege, dann kann ich den Wohnsitz des Barons Lester in etwas mehr als zwei Tagen erreichen.
Zurück an der Akademie packe ich umgehend meine Reisetasche, informiere im Anschluss die entscheidenden Leute über meine Abreise und breche unverzüglich auf.
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über den Verlauf der letzten Tage hat sich die Stimmung in Torfbergen weiter zugespitzt. Das Auffinden von ein Dutzend weiteren Toten mit den seltsamen Markierungen auf dem Oberk?rper l?sst die Leute langsam nerv?s werden. Gleichzeitig brodelt es unter der Oberfl?che zwischen den gr??eren Gilden gewaltig. Der Stellvertreter der Gilde des blauen Schildes hat sich für einen klaren Schnitt entschieden. S?mtliches Eigentum der Organisation soll ver?u?ert werden. Konkret geht es dabei um das Gildenhaus, sowie eine kleine Schmiede für Waffen und eine gr??ere Rüstungsschmiede. Vor allem Letztere ist ein Immobilie, die scheinbar niemand freiwillig der Konkurrenz überlassen m?chte.
Das H?chstgebot für so eine voll ausgestattete Einrichtung in guter Lage und ausgezeichnetem Ruf hat die Lehmann-Gilde unterbreitet. Allerdings ist nicht jeder mit diesem Ergebnis zufrieden. Man droht nun den Verbündeten der Sira-Gilde unterschwellig mit verschiedenen Sabotageaktionen, falls der Kauf zustande kommt. Noch verhandeln die Parteien zwar miteinander, aber ob man eine für alle Seiten zufriedenstellende Einigung findet, bleibt fraglich.
Seine Konflikte innerhalb der Stadtmauern auszutragen, ist offensichtlich eine dumme Idee. Sowie der Baron davon Wind bekommt, wird er solche Reibereien schlagartig beenden und harte Strafen verteilen. Wenn danach immer noch nicht Ruhe ist, wird er die verantwortlichen Parteien zu einem Gildenkrieg auffordern. Eine Auseinandersetzung, welche entweder nur zwischen den Anführern einer Gilde oder allen Mitgliedern und Verbündeten dieser Gruppierungen ausgetragen wird. Woher ich das alles wei?? Weil ich bei allen offiziellen Treffen mit von der Partie war. Als Demonstration von St?rke, wie Marco es so sch?n formuliert hat. Pers?nlich empfinde ich die sich st?ndig im Kreis drehenden Diskussionen einfach nur noch ermüdend.
Eine halbe Stunde sp?ter endet auch das n?chste Treffen ohne ein nennenswertes Ergebnis. Wie sich irgendjemand ernsthaft mit Politik besch?ftigen kann, ist mir nach wie vor schleierhaft. Wenn das die restliche Woche so weitergeht, drehe ich langsam aber sicher durch.
Marco, Maria und ich verabschieden uns und treten den Rückweg zur Gilde an. Je n?her wir jedoch unserem Zuhause kommen, desto finsterer wird die Miene des Bogenschützen: “Sieht so aus, als h?tten wir einen ungebetenen Gast.” Auf unseren fragenden Blick schweigt er allerdings nur und legt einen Zahn zu.
“Warum hast du ihn reingelassen Kurt?”, fragt Marco leicht gereizt. Der Krieger hebt abwehrend die H?nde: “Was h?tte ich denn deiner Meinung nach machen sollen? Ihm mit meinem rostigen Keule drohen? Er hat sich nach Torben erkundigt. Ich habe ihm gesagt, dass ihr bei einer Versammlung seid. Er bestand darauf, im Hauptgeb?ude auf seine Rückkehr zu warten.”
Ich bin v?llig perplex. Wer zur H?lle k?nnte denn etwas speziell von mir wollen? Marco seufzt laut: “Als h?tten wir nicht schon genug Probleme.”
Wir treten ein und finden auffallend viele leere B?nke vor. Gleich neben dem Tresen sitzt ein Herr mit kurzem, ergrauten Haar und Vollbart. Seine dunkelblaue Robe ist reich verziert. Eine kurze Anwendung von Identifizieren best?tigt mir ebenfalls, dass die Person mindestens den dritten Rang innehat. Was mir jedoch wirklich zu denken gibt ist, dass sein Anblick mich buchst?blich blendet. Da die anderen nicht so aussehen, als würden sie gerade in einen besonders grellen Manabolzen schauen, hat es wahrscheinlich mit meinen besonderen Augen zu tun.
Viel Zeit darüber nachzudenken bleibt mir jedoch nicht. Der Herr hat uns bemerkt und schaut mit einem zufriedenen L?cheln von seiner Lektüre auf: “Das ging ja schneller als gedacht.” Statt der folgenden Konversation zu lauschen, bin ich voll und ganz damit besch?ftigt, mich irgendwie an die neuen Lichtverh?ltnisse zu gew?hnen. Mit einem Mal ist das Leuchten pl?tzlich weg. “Tut mir leid, ich hatte nicht damit gerechnet, auf jemanden zu treffen der Mana sehen kann .”
Ich erblicke einen hochgewachsenen offenkundigen Magier, welcher mich mit einem neugierigen Blick mustert: “Obwohl wir bereits einmal schriftlichen Kontakt hatten, m?chte ich mich Ihnen noch einmal offiziell vorstellen. Mein Name ist Roman Pilkowski, gegenw?rtiger Vizepr?sident der Magierakademie von Turbingen. Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Herr Lang.”